Rote Räte

Gesellschaft/Historie, Deutschland 2019

Bayern, Anfang November 1918. Die Monarchie der Wittelsbacher ist genauso am Ende wie der deutsche Kaiser. Der sozialdemokratische Journalist Kurt Eisner ruft am 8. November den Freistaat Bayern als Republik aus. Kurz darauf entsteht in München eine Räte-Republik. Es ist ein atemberaubendes historisches Experiment. Ein kurzlebiges Labor neuer Regierungs- und Gesellschaftsformen - sowohl mit basisdemokratischen als auch sozialistischen Elementen. Wenige Monate später wird es blutig niedergeschlagen. Kurt Eisner gehörte der von der sozialdemokratischen Mutterpartei abgespaltenen Unabhängigen SPD (USPD) an. Er war ein Vertrauter des SPD-Gründervaters Karl Liebknecht gewesen und hatte lange als führendes Redaktionsmitglied der SPD-Parteizeitung VORWÄRTS gearbeitet. Am 21. Februar 1919 wird er ermordet. Es folgt ein Machtvakuum, das mit einer Regierungskrise einher ging. Daraufhin wird am 7. April 1919 die Münchner Räterepublik ausgerufen, die auch als Bayerische Räterepublik bekannt ist. Es ist ein Aufstand gegen die instabile, SPD-geführte Minderheitsregierung, der im Ganzen nur vier Wochen andauert. Unter den Aufständischen sind pazifistische und anarchistische Intellektuelle wie Ernst Toller, Erich Mühsam und Gustav Landauer. Doch schon eine Woche später übernehmen Kommunisten die Führung. 60 Jahre später - am Ende der 1970-Jahre - befragten damals angehende Filmemacher*innen um Klaus Stanjek Augenzeugen der Münchener Räterepublik nach ihren Erfahrungen. Ein Schreiner, ein Kaufmann, ein Berufssoldat, ein Student und ein Buchbinder gaben Auskunft. Ebenso der anarchistische Schriftsteller Augustin Souchy, der mit Gustav Landauer, Kurt Eisner und Erich Mühsam befreundet war. ROTE RÄTE ist ein Dokument in doppelter Hinsicht. Er hält die Erinnerungen einiger Zeitzeugen der Vorgänge in Münchener zwischen November 1918 und Mai 1919 fest: ein kurzes utopisches Intermezzo, inspiriert von der russischen Revolution von 1917. Möglich wurde der Zusammenbruch der alten monarchischen Ordnung und auch die Räte-Republik durch die deutsche Niederlage im 1. Weltkrieges. Diese Episode deutscher und bayerischer Geschichte ist sowohl zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen in den 1970er Jahren als auch in der Gegenwart des 21. Jahrhunderts fast völlig vergessen. ROTE RÄTE dokumentiert gleichzeitig das Interesse derer, die diesen Film mit höchst unvollkommen Mitteln gedreht haben: westdeutsche Studenten der Nach-68er-Zeit. Angeregt von den Revolutionen auf Kuba, in China und Nicaragua, deren Dynamiken sie allerdings nur ebenso schemenhaft kennen wie die Räte-Republikaner die Vorgänge im Russland des Jahres 1917ff, spüren sie dieser vergessenen Revolution vor der eigenen Haustür nach. Entstanden ist ein einzigartiges Zeugnis über die Geburt der Demokratie in Bayern. Dank einer vor kurzem erfolgten Restaurierung ist es nun wieder zugänglich.
60 Min.
HD
Ab 12 Jahren
Sprache:
Deutsch

Weitere Informationen

Drehbuch:

Klaus Stanjek

Kamera:

Silvia Gassmann (Originalaufnahmen 1979/80)

Margot Fuchs (Originalaufnahmen 1979/80)

Udo Siefken (Originalaufnahmen 1979/80)

Helfried Spitra (Originalaufnahmen 1979/80)

Klaus Stanjek (Originalaufnahmen 1979/80)

Montage:

Klaus Stanjek

Komposition:

Konstantin Wecker

Sound Design:

Raimund von Scheibner

Produktion:

Klaus Stanjek

Originaltitel:

Rote Räte

Originalsprache:

Deutsch

Weitere Titel:

Rote Raete

Format:

16:9 HD, S/W mit Farbanteilen

Altersfreigabe:

Ab 12 Jahren

Sprache:

Deutsch

Weiterführende Links:

IMDb

The Movie Database

Filmdienst